Gebärmutterhalskrebs: vorbeugen ist besser als heilen!

Die Impfung gegen humane Papillomviren wird von der Weltgesundheitsorganisation („WHO“) als Priorität für alle Gesundheitssysteme weltweit angesehen, da damit das Sterblichkeitsrisiko durch Gebärmutterhalskrebs deutlich gesenkt werden kann. Die Krankheit könnte so wenigstens teilweise ausgerottet werden, sofern einige Hindernisse ausgeräumt werden. Neben einer besseren Früherkennung müsste unbedingt die Impfquote gesteigert werden.

Schwere Virusinfektionen stehen in einem direkten Zusammenhang mit der Entwicklung bestimmter Tumore. Neben der Früherkennung der ersten Symptome könnte die Impfung eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung der „Krankheit des Jahrhunderts“ spielen. Mehrere prophylaktische Impfstoffe ermöglichen schon heute, das Auftreten von zwei Krebsarten – Leber- und Gebärmutterhalskrebs – teilweise oder vollständig zu verhindern. Auch wenn die Impfung keine direkte Behandlung gegen diese Erkrankungen darstellt, trägt sie dennoch zum Schutz der Bevölkerung bei, indem sie sie vor von potentiell tödlichen Folgen von Hepatitis B und humanen Papillomviren in ihrer kritischsten Form bewahrt (HPV 16 und 18 sind für 70 % der Krebsfälle und präkanzerösen Läsionen des Gebärmutterhalses verantwortlich).

Gebärmutterhalskrebs ist die vierthäufigste Krebsform bei Frauen und sorgt jedes Jahr für 310.000 Todesfälle, vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Lohnniveau. Laut der IARC1 bleibt die Inzidenz dieser Krebsart mit 570.000 neu diagnostizierten Fällen für das Jahr 2018 weiterhin bedenklich. Die epidemiologischen Prognosen sind nicht weniger beunruhigend. Ohne entsprechende Korrekturmaßnahmen könnte dieser Umstand bis 2040 460.000 Todesopfer fordern. Doch das ist nicht das einzige Problem. Neben den teilweise vermeidbaren Todesfällen kann die Infektion mit HPV weitere Krebsformen sowohl bei Frauen als auch Männern hervorrufen. Umso wichtiger wäre eine Impfung gegen humane Papillomviren.

 

Ein „sicherer, wirksamer und unverzichtbarer“ Impfstoff

Am 4. Februar dieses Jahres anlässlich des Weltkrebstags startete die WHO einen internationalen Appell, um jedes Land zur Impfung aller Mädchen zwischen 9 und 14 Jahren gegen humane Papillomviren sowie zur systematischen Früherkennung und Behandlung von präkanzerösen Läsionen bei Frauen über 30 Jahren aufzufordern.
Zur Bekräftigung dieses Begehrens betonte die IARC, dass die drei vorhandenen Impfstoffe2 „sicher, wirksam und unverzichtbar zur Auslöschung von Gebärmutterhalskrebs“ seien und räumten damit die Gerüchte und Kontroversen um die angebliche Schädlichkeit der genannten Produkte aus.

Die Organisation verfügt über den nötigen Weitblick sowie über solide Nachweise, um ihre Thesen zu untermauern. Staatliche Impfkampagnen gibt es heute in 82 Ländern. Solche Kampagnen wurden vor über zehn Jahren von den USA, Deutschland, Australien, Belgien, Kanada, Spanien, Frankreich und Italien gestartet. Seit Freigabe des ersten Referenzimpfstoffs im Jahr 2006 wurden über 270 Millionen Dosen an über 60 Millionen Menschen vergeben. Bisher konnten keine unerwünschten Effekte mit schlimmen Folgen für die empfohlenen Produkte von der WHO ausgemacht werden.

Die Impfgegner lassen keine Gelegenheit aus, die schädliche Wirkung der Maßnahme zu betonen, doch die WHO konnte einen positiven Effekt für den Schutz der Bevölkerung nachweisen. „Mehrere Länder vermeldeten eine Abnahme von 50 % bei der Inzidenz von präkanzerösen Läsionen am Gebärmutterhals junger Frauen“, berichtet die WHO.

 

Überzeugende Ergebnisse

In einigen Weltregionen wie in Australien sind die Ergebnisse mitunter spektakulär. Laut den Ergebnissen einer vom australischen Gesundheitsministerium finanzierten Studie ging der Anteil junger Frauen (18-24 Jahre), die die beiden wichtigsten HPV (16 und 18) übertragen könnten, in zehn Jahren drastisch zurück. 2005 betrug dieser Anteil noch 23 %, während er 2015 auf 1 % gefallen war. Gemäß den neuesten epidemiologischen Modellrechnungen dürfte die Übertragung des Virus dank einer optimalen Impfquote demnächst unterbrochen werden. Demnach sollte es in weniger als 20 Jahren praktisch keine neuen Fälle von Gebärmutterhalskrebs mehr geben. Diese Ergebnisse seien vor allem einer kostenlosen Impfkampagne von vor zwölf Jahren bei Mädchen im Alter von 12 und 13 Jahren (und ab 2013 auch bei Jungen) zu verdanken.

In Europa ist die Erfolgsquote dagegen eher schwankend. In 37 von 53 europäischen Ländern wird zwar systematisch geimpft, doch die Impfquote der Zielgruppe (Mädchen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren) variiert mitunter stark von einer Region zur anderen. Vorbildlich in dieser Hinsicht zeigt sich Portugal (90 %), wohingegen die Quote in Frankreich mit 20 % zu den schwächsten zählt.

Impfquote der Zielgruppe

Im weltweiten Vergleich ist die Ungleichheit noch größer. „Die Länder mit dem höchsten Risiko von Gebärmutterhalskrebs sind gleichzeitig die, in denen am wenigsten gegen HPV geimpft wird“, bedauert die WHO.

 

Komplementäre Massnahmen

Es sind mehrere komplementäre Maßnahmen vorgesehen, um die Krebssterblichkeit zu senken. Laut manchen Experten könnte die Einrichtung eines Impfprogramms in Schulen die Impfquote verbessern und die soziale Ungleichheit abflachen, da dadurch mehr Menschen erreicht werden. Dies geht jedenfalls aus den Erfahrungen in Australien, Kanada und Schweden hervor. Die Impfung kleiner Jungen, die momentan in etwa 20 Ländern durchgeführt wird, könnte im Übrigen die Ausbreitung von Papillomviren hemmen. Es konnte ein direkter Nutzen in Australien, Österreich, den USA, Schweden und in der Schweiz festgestellt werden. Dagegen bewegt sich zum Beispiel in Frankreich weniger, doch die jüngsten Entwicklungen geben eher Anlass zur Hoffnung. Die Gesundheitsbehörde Haute Autorité de Santé veranlasste erst kürzlich eine öffentliche Konsultation zum Thema, was als letzte Etappe vor der Herausgabe einer offiziellen Empfehlung gilt.

Doch selbst die wirksamste Impfung reicht als Schutz nicht aus. Zusätzlich ist eine Früherkennung per Abstrich und die Behandlung präkanzeröser Läsionen erforderlich, wie es die WHO regelmäßig betont. Den Erkenntnissen einer kürzlich veröffentlichten Studie zufolge3 könnte man mit einer sofortigen systematischen Impfung der Bevölkerung und Früherkennungsmaßnahmen Gebärmutterhalskrebs innerhalb der nächsten 50 Jahre in Industrieländern fast vollständig ausrotten – und weltweit bis zum Ende dieses Jahrhunderts.

Aus wirtschaftlicher Sicht steht sehr viel auf dem Spiel. Auch wenn es keine offiziellen Zahlen gibt, werden die jährlichen Kosten im Zusammenhang mit Gebärmutterhalskrebs auf über 100 Milliarden Dollar geschätzt. Eines ist sicher: Durch Primärprävention (Impfung) und Sekundärprävention (Früherkennung) ließen sich die Ausgaben der Gesundheitssysteme der verschiedenen Länder durch eine auffallend positive Gesundheitsbilanz deutlich senken. Diese beiden Maßnahmen sind demnach ein wertvolles Instrument, um das gemeinsam angestrebte Ziel zu erreichen, länger und gesünder zu leben.

Durch seine thematischen Investitionsstrategien die sich auf die Krebsbekämpfung konzentrieren bemüht sich Candriam weiterhin um dieses Ziel. Auch die Finanzierung der speziellen europäischen onkologischen Forschungseinrichtungen, die Impfstoffe von morgen entwickeln spielt hierbei ein große Rolle.

 

Leberkrebs: die erwiesenen Vorteile der Impfung gegen VHB

Der IARC1 zufolge wurden 2018 841.080 Fälle von Leberkrebs erkannt. Mit 781.631 Todesfällen im vergangenen Jahr handelt es sich dabei um die weltweit vierttödlichste Krebsart. Dem für die Krankheit mitverantwortlichen Hepatitis B kann leicht durch einen Impfstoff vorgebeugt werden, der einen beinahe perfekten Schutz gegen das Virus bietet (98 bis 100 %). Die Impfung wird heutzutage für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und einige Erwachsene empfohlen; bei letzteren im Falle einer Bluttransfusion, einer Transplantation, Dialysebehandlung oder bei riskantem Sexualverhalten (Pflegepersonal und Menschen, die mit Blut oder Blutprodukten im Rahmen ihrer Arbeit zu tun haben, sind ebenfalls betroffen).

Laut Angaben der WHO erzielte der Impfstoff ausgezeichnete Ergebnisse hinsichtlich Verträglichkeit und Wirksamkeit. Seit 1982 wurden über eine Milliarde Dosen weltweit verabreicht, wobei sehr konkrete Erfolge bei Säuglingen erzielt wurden, die 2017 zu 84 % geimpft wurden. In vielen Ländern beträgt die Rate für chronische Infektionen bei immunisierten Kindern mittlerweile unter 1 %. Die mittlerweile recht hohe Impfquote gegen VHB legt nahe, dass das Virus bis 2030 komplett verschwunden sein könnte, was somit auch teilweise zu einer geringeren Sterberate durch Leberkrebs beitragen würde. Das Ziel ist zwar ehrgeizig, doch die WHO, die dieses Projekt zu einer ihrer zahlreichen Prioritäten erklärt hat, geht von der Machbarkeit aus.

 

1. Internationale Agentur für Krebsforschung – IARC.

2. Gardasil, Cervarix und Gardasil 9.

3. „Impact of scaled up human papillomavirus vaccination and cervical screening and the potential for global elimination of cervical cancer in 181 countries, 2020-99: a modelling study“, The Lancet Oncology (Februar 2019).

  • Rudi Van Den Eynde
    Rudi Van Den Eynde
    Head of Thematic Global Equity Management
Funds

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